Antworten und Positionen

Diese Seite existiert, damit ich sie verlinken kann. Es gibt regelmäßig Diskussionen zu Schule und Lernen, und ich hab keine Lust mehr alles doppelt und dreifach zu schreiben. Die Liste ist unsortiert, aber es gibt Links.

Inhalt

Antworten/Positionen

Hallo, ich bin $Profession und habe eine (steile) Meinung zu Bildung und so weiter.

Schön, dass du dich für diesen Bereich interessierst. Solange du den Experten zuhörst und ihre Einschätzungen und Einwände aufnimmst, dann freuen wir uns mit dir zu reden. Wenn du aufgrund der Fachmeinung in deinem Fach und deiner persönlichen Schulerfahrung glaubst mit uns auf Augenhöhe diskutieren zu können, möchte ich dich daran erinnern, dass ich dir auch nicht sage, wie du deinen Job machen sollst. Ja, jede Person hat ne Meinung zu Bildung, aber ich gehöre zu den Menschen die das täglich machen, darin ausgebildet sind, und die Verantwortung tragen. Mein Leben ist nicht so einfach.

Noten abschaffen, Schulen sind Selektionseinrichtungen und bilden nicht, etc.

Die Aufgaben des Bildungssystems sind:

  • Sozialisation
  • Enkulturation
  • Ausbildung/Qualifikation
  • Bildung
  • Selektion

Wir sollen also Menschen zu Teilen dieser Gesellschaft machen, und ihnen allgemeine Normen, Werte und kulturelle Eigenheiten beibringen, sie für bestimmte Aufgaben ausbilden, darüber hinaus auch noch bilden, dass sie in der Welt an sich bestehen und sie für die Wirtschaft vorselektieren.

Letzteres wird sehr oft kritisiert. Meine Gegenfrage wäre hier jetzt: das muss in der arbeitsteiligen Gesellschaft passieren. Wenn es nicht eine zentrale staatliche Stelle macht, wer dann? Also wem geben wir diese Macht über das Leben junger Menschen? Mir fällt nix besseres ein als der Staat, also sollte die Selektion bei ihm bleiben.

Noten sind ein Weg der Selektion, wir sollten uns klar sein, dass alle Probleme der Noten bei anderen Klassifikationsverfahren erhalten bleiben und sogar verschlimmert werden. Klar, Texturteile wirken persönlicher, bis man erkennt, dass Lehrkräfte so viel Text nur schreiben können, wenn sie beschränkte Zeit haben. Also landet man bei Textbausteinen, die dann wieder auch einfach Zahlen sein können. Lernentwicklungsgespräche sind toll, aber keine Selektion. So what?

Aber: Selektion muss eigentlich erst am Ende der Schullaufbahn stattfinden und hier sollte sie an klaren Kriterien orientiert sein. Lernstandserhebungen müssen nicht mit Noten versehen sein. Lernentwicklungsgespräche sind hier wiederum sinnvoll, aber sollten dann auch formalisiert und an klare Kriterien geknüpft sein.

Hausaufgaben sind doof und niemand braucht sie.

Grüßtenteils ist das richtig. Die einzigen schulischen Aufgaben, die als Hausaufgaben sinnvoll sind, sind kontinuierliche Aufgaben wie das Lernen von Vokabeln. Die Idee, dass Kinder nachmittags noch „üben müssen“ hat zum einen keinerlei empirischen Nachweis, zum anderen müssen wir uns gesellschaftlich wirklich fragen, ob es sinnführend ist, dass Kinder, die im Schnitt 75% ihrer Wochenzeit in der Schule verbringen auch nachmittags noch in Beschlag genommen werden.

Ich habe hier eine Serie zu totaler Schule, diese ist da zu empfehlen. Die Selbstverständlichkeit mit der Lehrkräfte über die Zeit der Schülerschaft verfügen möchte ich zutiefst kritisieren. Wir haben sehr viel Macht, wir sollten sie bitte weise nutzen. Dazu sollte man sich der Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen bewusst sein.

Frontalunterricht ist doof, wir brauchen neue (digitale) Methoden und Leistungserhebungen

Frontalunterricht ist ein Kampfbegriff. Es gibt durchaus viele Situationen bei denen Lehrkräfte im Zentrum des Unterricht stehen können. Das ist selbst bei arbeitsteiligen Methoden der Fall. Auf der anderen Seite sind moderne und digitale Methoden meist zeitaufwändiger. Das Argument des Arbeitsaufwands für Lehrkräfte ist hier auch gern genommen, aber da stehe ich auf dem Punkt, dass man dafür Geld bekommt und das System auch die Freiheiten dafür geben muss. Ansonsten gelten aber die Anmerkungen aus dem Bereich über Hausaufgaben. Moderne Methoden sollten nicht dazu führen, dass Schüler:innen über die Maßen zeitlich belastet werden. Es benötigt also Koordination der Lehrkräfte und die strukturelle Unterstützung. Dazu müssen neue Methoden auch beweisen, dass sie bessere Erfolge haben als klassischerer Unterricht. Ich habe hier ja Folgen, die genau sowas und dessen Wert erklären, also das gibt es.

Die Lehrkraft meines Kindes/ meine Lehrkraft tut xy (meistens willkürlich), was soll ich tun?

Ich bin die fehlende Professionalität in größeren Bereichen des Schulsystems leid. Wenn ihr Kritik habt, dann lest bitte die entsprechenden Schulgesetze und Schulordnungen, und dann geht in die Sprechstunde und argumentiert mit diesen. Wenn eure Kinder oder ihr Angst vor Repressionen habt, geht den Lehrkräften noch mehr auf den Nerv. Fehlende Professionalität sollte nicht geduldet werden. Lehrkräfte sind keine Halbgötter in Tweed sondern verbeamtete Servicekräfte des Staates, denen ihr die Verantwortung für eure Kinder und deren Zukunft übergeben müsst.

Es gibt irgendeine neue digitale Technologie, das wird Schule total verändern!

Schule hat die Aufgabe Wissen anzulegen und kognitive Fähigkeiten zu schulen. Kann die Technologie dabei helfen diese besser anzulegen? Dann wird sie inkorporiert. Kann sie das nicht: Hype.

$Fach muss Pflichtfach werden! 

Die Menge an Wissen und Kompetenzen, die wir in der Schule anlegen ist gesellschaftlich vorgegeben und darf gerne diskutiert werden. Aber solange jede Gruppe irgendwas fordert, bringt das nix. Die Zeit ist endlich, die wir haben aber natürlich darf jede:r sich darum streiten, dass sein Lieblingsfach auch noch gelehrt wird. Die Frage ist eher: was brauchen der Menschen der Zukunft? Und gilt Kompetenz im Breiten als besonders wichtig.

Der Fächerkanon ist doof! Kinder sollen lernen was sie wollen.

Interessanterweise wird das immer von Menschen vorgetragen, die ihren beruflichen Erfolg nicht mit den heimlich in ihnen angelegten Kompetenzen aus der Schule in Zusammenhang bringen. Hier greift durchaus eine Erzählung der eigenen Souveränität, die etwas unglaubwürdig ist. Dazu wird gerne ignoriert, dass moderne arbeitsteilige Gesellschaften feste Kompetenzen in ihren Mitgliedern benötigen um zu existieren. Diese Emile Gedächtnisideen sind nicht nur weltfremd sondern geradezu zynisch, wenn sie von Menschen geäußert werden, die ihre eigenen romantischen Vorstellungen nach erfolgreicher Bildungskarriere vor sich her projiziert. Kann man machen, wenn man keine Verantwortung hat. Und nein… Montessori ist was anderes. Lest bitte nach, danke.

Fremdsprachenunterricht ist nutzlos und doof.

Ja, ist er. Die Didaktik hat sich hier sehr verlaufen. Aber alle Arten Menschen Fremdsprachen beizubringen, die wirklich effizient sind, brauchen das, was wir am wenigsten haben: Zeit. Was wirklich helfen würde: mehr natürliche Sprache, mehr Immersion, weniger formale Grammatik. Insbesondere im Anfangsunterricht würde das sehr helfen. Grammatik und Vokabeln können immer Spracherleben folgen und sind dann weitaus besser motiviert und effizienter. Tip: Hans Hünfeld – Fremdheit als Lernimpuls

In der Schule sitzen die digital natives, deswegen müssen wir alles digitaler machen.

Dazu gibt es zwei Sachen: Die Jugend geht nur intuitiv mit Geräten um, die sie weder versteht noch effizient nutzen kann. (Und ja das sagt sie mir auch so.) Sie ist digital primär naiv. Das bedeutet, dass wir den Umgang mit Geräten und dem Digitalen lehren müssen, aber nicht, dass wir einfach mehr iPads hinlegen. Schule ist ein Ort der Emanzipation, weniger ist anti-emanzipatorisch als die Juhu-Jubelei zu digitalen Innovationen. Unsere Aufgabe ist Menschen zu bilden, nicht sie kontaktlos mit Software und Hardware zu bewerfen ohne ihnen den Umgang und deren Bedeutung beizubringen. Und nein, das ist kein Argument für ein Pflichtfach Informatik. Das ist ein Argument für eine Neuausrichtung des kompletten Schulbetriebs. Wir machen das übrigens schon.

Die Jugend soll sich nicht so anstellen und ähnliche Varianten

Die Belastung der jungen Menschen in der Schule steigt stetig. Dazu erleben wir immer mehr psychische und soziale Probleme. Schule ist mittlerweile eine Ausgleichseinrichtung für viele soziale und persönliche Probleme, ohne, dass sie darauf vorbereitet oder dafür gut ausgestattet ist. Das Geplapper über die jungen Menschen ist herablassend und kontraproduktiv, wenn man sich die gesellschaftliche Gesamtlage anschaut.